[English below]
Heute jährt sich die Befreiung von Wilna / Vilnius von deutscher Besatzung zum 70. Mal. Zwischen dem 5. und 13. Juli 1944 eroberte die Rote Armee mit Unterstützung von Partisan_innen und der polnischen Armia Krajowa die Stadt. Litauische Antikommunisten und Kollaborateure zogen sich mit den deutschen Truppen zurück oder gingen in den Untergrund.
Bereits am 8. Juli kehrte Fania Brancovskaja mit ihrer Einheit in ihre Heimatstadt zurück. Sie erlebte die Rückkehr mit gemischten Gefühlen. Der Freude über das Ende der deutschen Besatzung stand die Trauer über den Verlust der Angehörigen gegenüber: Von den einst 70 000 Jüd_innen lebten nur noch einige hundert in der Stadt. Sie waren ihrer Erschießung durch die Deutschen in den letzten Besatzungtagen entronnen oder hatten in Verstecken durchgehalten.
In dem Ausschnitt, den wir Euch zeigen möchten, deutet sich die Einsamkeit der Überlebenden an. Der Anblick von Juden und Jüdinnen, die älter als 30 Jahre waren, war so selten, dass Fania erinnert, wie sie jede_ n Einzelne_n umarmte. Aktiviert gegebenenfalls die englischsprachigen Untertitel (CC).
Der 70. Jahrestag ist uns Anlass für einen Hinweis in eigener Sache: Wir befinden uns in der letzten Phase der Postproduktion, die wir bereits am 28. Februar 2015 abschließen wollen.
Die Produktion des Filmes wurde durch Einzelspenden und Stiftungsmittel gefördert. Die Claims Conference for Material Claims against Germany unterstützt die laufende Postproduktion anteilig. Wir sind äußerst dankbar dafür, benötigen aber noch 5000 Euro, um alle Kosten zu decken. Wir werden daher demnächst eine Crowdfunding-Kampagne beginnen, um die Finanzierungslücke zu schließen. Bitte achtet auf weitere Ankündigungen.
Today marks the 70th anniversary of the liberation of Vilna / Vilnius. Between July 5 and 13, 1944, the Red army took the city with support of Soviet partisans and the Polish Armia Krajowa.
On July 8, Fania Brancovskaya and her unit marched into the city. She recalls the return to her hometown with mixed feelings. Her joy at the end of German occupation was overshadowed by feelings of solitude. Of 70 000 Vilna Jews only a few hundred had remained. They had escaped execution in the last days of occupation or had survived in hiding. In the sequence above, Fania recalls her feeling of forlornness. The sight of elderly Jews was so rare that she hugged each and everyone she met. Please activate the closed captions (CC).
Allow us to use the occasion for a remark on our own behalf: Our film project has entered the final period of post-production which will finish on February 28, 2015.
A number of foundations and individual donors covered the film's production. The Claims Conference on Jewish Material Claims Against Germany is funding its post-production on a pro rata basis. We are incredibly grateful for this support, however, we still need to raise 5, 000 € to cover all costs. That is why we will soon initiate a crowdfunding campaign to close this gap. Please watch out for further announcements.
Sunday, July 13, 2014
Thursday, May 15, 2014
Rachel Kostanian: "Die Ukraine-Krise macht mir Albträume... // "The Ukraine crisis makes me nightmares..."
[english below]
Nachdem wir die Veranstaltung mit ihr am Sonntag dokumentiert haben, haben wir gestern Rachel Kostanian getroffen, die langjährige Chefin des Holocaust-Museums in Vilnius. Wir konnten so das Interview fortsetzen, das wir im September 2013 aufgrund technischer Probleme abbrechen mussten.
Im Mittelpunkt des Gesprächs stand das Holocaust-Gedenken in Litauen seit 1944, für das Rachel, die an der Gründung des „Grünen Hauses“ beteiligt war, natürlich eine ausgesprochene Expertin ist. Besonders eindrücklich schilderte sie das Erwachen der jüdischen Gemeinde und die Neubelebung einer litauisch-jüdischen Symbiose in den Jahren der Perestroika – sowie ihre Enttäuschung darüber, dass bald nach der Unabhängigkeit antisemitische Töne lautwurden, die diese Erfolge kontinuierlich bedrohen. Große Sorge äußerte sie im Hinblick auf die Ukraine-Krise, die in Litauen die nationalistischen und anti-russischen Strömungen stärker werden ließen – wie die jüngsten Präsidentschaftswahlen deutlich zeigten.
Herzlichen Dank, Rachel, für Deine Geduld und Offenheit.
After documenting her public lecture on Sunday, we yesterday met with Rachel Kostanian, the long-time head of the Holocaust Museum in Vilnius, to continue the interview which we had to abort due to technical problems in September 2013.
The focus of our coversation was on Holocaust remembrance in Lithuania since 1944, of which Rachel, who was involved in the establishment of the “Green House”, is, of course, an outspoken expert. Particularly impressive was her description of the awakening of the Jewish community and the revitalization of the Lithuanian-Jewish symbiosis in the perestroika years - and her disappointment that soon after independence, anti-Semitic tones started to threaten these achievements. She expressed great concern regarding the Ukraine crisis, which has fueled the nationalist and anti-Russian tendencies in Lithuania - as it became obvious in the recent presidential elections.
Many thanks, Rachel, for your patience and openness.
Thursday, May 8, 2014
69. Tag der Befreiung // 69th Victory in Europe Day
“Stars and Stripes”, No. 285, May 8, 1945 |
[english below]
Wir feiern heute und morgen den 69. Jahrestag des Sieges der
Anti-Hitler-Koalition über NS-Deutschland und seine Verbündeten und die
Befreiung Europas vom deutschen Faschismus.
Mit Wirkung zum 8. Mai 1945, 23:01 Uhr MEZ,
unterzeichneten die Oberbefehlshaber der Wehrmacht in Berlin-Karlshorst die
bedingungslose Kapitulation. Nach Moskauer Zeit geschah das am 9. Mai. Der heutige Tag ist uns nicht nur ein Anlass, den
Angehörigen der Streitkräfte der Anti-Hitler-Koalition zu danken, sondern den Beitrag der Partisanen_innen und Widerstandskämpfer_innen in ganz Europa zu würdigen.
Wir haben eben mit Fania telefoniert und ihr stellvertretend
für die über eine Million Untergrundkämpfer_innen gedankt zum „Tag vom Sieg“ - wie
Fania nach der russischen Bezeichnung charmant zu sagen pflegt. Sie war gerade von einer Führung nach Ponar und von einer Gedenkveranstaltung mit
Schüler_innen auf dem Jüdischen Friedhof zurückgekehrt. Zu unserer Freude war
sie bei bester Laune, guter Gesundheit und voller Energie.
Berliner_innen seien auf die Feierlichkeiten nahe dem
Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park hingewiesen, die die Berliner VVN-BdA
am 9. Mai veranstaltet.
New York City, May 8 1945 |
Today and tomorrow, we celebrate the victory of the anti-Hitler coalition over
Nazi Germany and its allies and the liberation of Europe from German fascism.
With effect from May 8, 1945 at 23:01 CET, the supreme commanders of the German Wehrmacht signed the unconditional surrender in Berlin-Karlshorst. With regard to Moscow time, “Victory Day” is subsequently being celebrated there on May 9. These day are not only an occasion to pay tribute to the members of the forces of the anti-Hitler coalition, but to honor the contribution of partisans and resistance fighters throughout Europe.
We have just spoken with Fania and thanked her in place of the more than one
million anti-Nazi guerillas. She had just returned from a tour to Ponar and a
memorial service with students at the Jewish cemetery. To our delight, she was
in great spirits, good health and very energetic.
For those residing in Berlin, on Friday, May 9, there will be a Victory day celebration with Veterans of the Red army at the Soviet monument at Treptower Park. The event is hosted by the Berlin Union of Persecutees of the Nazi Regime (Berliner VVN-BdA)
For those residing in Berlin, on Friday, May 9, there will be a Victory day celebration with Veterans of the Red army at the Soviet monument at Treptower Park. The event is hosted by the Berlin Union of Persecutees of the Nazi Regime (Berliner VVN-BdA)
Wednesday, April 2, 2014
In Erinnerung an Shimon Alperovitch (1928-2014) // In Memory of Shimon Alperovitch (1928-2014)
[english below]
Mit Bestürzung haben wir erfahren, dass der 85-jährige Ehrenvorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Litauen, Shimon Alperovitch, am vergangenen Donnerstag in Vilnius verstorben ist. Der "Litwak", Holocaust-Überlebende und promovierte Jurist, der 1928 in Vilnius/Wilna geboren worden war, arbeitete als Rechtsanwalt und diente der Jüdischen Gemeinde jahrelang als Vorsitzender und später als Ehrenvorsitzender.
Im September 2013 lud Herr Alperovitch uns ein, ein Interview mit ihm zu führen. Obwohl es schon spät am Abend war und sein Zimmer in einem Altenheim einige Improvisationen nötig machte, nahm er sich Zeit und beantwortete geduldig alle Fragen. Wir haben Herrn Alperovitch als klugen, optimistischen und humorvollen Menschen kennengelernt.
Er hat Fania sehr unterstützt, als sie ins Fadenkreuz der Kampagne gegen die ehemaligen Partisan_innen kam. Angesprochen auf die Theorie vom „Doppelten Genozid“ fand er sehr deutliche Worte, äußerte aber vorsichtige Zuversicht, was die Zukunft der Erinnerung an den Holocaust und die der Jüdischen Gemeinde in Litauen angeht.
Wir sind stolz, mit unserem Film einen Teil zu seinem Vermächtnis beizutragen.
Hier könnt ihr einen Ausschnitt unseres Interviews mit Shimon Alperovitch sehen.
Last Thursday, 85-year-old honorable chairman to the Lithuanian Jewish Community, Shimon Alperovitch, passed away in Vilnius. The “Litvak” and Holocaust survivor Alperovitch, born 1928 in Vilna, worked as an attorney and served as chairperson and later as honorable chairman to the Lithuanian Jewish Community.
In September 2013, Mr. Alperovitch was so kind to invite us to interview him for our film. Though it was late evening and his small room in an old people's home made some improvisations necessary, he patiently answered all our questions. We got to know Mr. Alperovitch as a wise, optimistic and also humorous character.
Mr. Alperovitch was very supportive to Fania when she came in the crosshairs of the prosecutor's investigations against former partisans. In our interview, he found clear words condemning historical revisionism. However, he expressed cautious optimism regarding the future of Holocaust remembrance and of the Jewish community in Lithuania.
We are very proud that our film will contribute to carry on his legacy. Our hearts go out to his loved ones and to the Jewish community of Lithuania.
Watch an outtake of our interview with Mr. Alperovitch. Please activate the subtitles (CC).
Monday, January 27, 2014
Koalitionsvertrag und "Doppelter Genozid" // German politics and "double genocide"
[english below]
Anlässlich des heutigen "Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus", der an die Befreiung des KZ Auschwitz vor 69 Jahren erinnert, möchten wir eure Aufmerksamkeit auf einen Artikel in der "Jüdischen Allgemeinen" lenken, der eindrücklich vor der Ausbreitung der Theorie vom "Doppelten Genozid" auch in Deutschland warnt.
On occasion of today’s "International Holocaust Remembrance Day" which commemorates the 69th anniversary of the liberation of the Auschwitz death camp, we like to draw attention to an article on the rise of "double genocide" theory in Germany politics which appeared in "Jüdische Allgemeine" (in German).
The article states that Germany’s new coalition government of conservatives (CDU) and social democrats (SPD) agreed on prioritizing the reviewing and commemoration of the injustice of the socialist German Democratic Republic. In the coalition’s agreement, the commemoration of Nazi crimes does no longer play a special role. While the agreement holds nothing for the survivors of Nazi crimes of which many still have not been compensated, the rates for victims of GDR injustice will be increased. The author sees a political paradigm shift at work: Had the mixing of Nazi crimes and GDR injustice been previously avoided, the equation is just around the corner. Linguistically, the turn towards a totalitarian view of 20th century history is clearly noticeable. Terms like "Nazi reign of terror" and "Stalinism" or the formula of "two German dictatorships" seem more than semantic coincidences.
Anlässlich des heutigen "Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus", der an die Befreiung des KZ Auschwitz vor 69 Jahren erinnert, möchten wir eure Aufmerksamkeit auf einen Artikel in der "Jüdischen Allgemeinen" lenken, der eindrücklich vor der Ausbreitung der Theorie vom "Doppelten Genozid" auch in Deutschland warnt.
ehem. KZ Auschwitz-Birkenau, Aufnahme kurz nach der Befreiung (Bundesarchiv, B 285 Bild-04413 / Stanislaw Mucha / CC-BY-SA) |
On occasion of today’s "International Holocaust Remembrance Day" which commemorates the 69th anniversary of the liberation of the Auschwitz death camp, we like to draw attention to an article on the rise of "double genocide" theory in Germany politics which appeared in "Jüdische Allgemeine" (in German).
The article states that Germany’s new coalition government of conservatives (CDU) and social democrats (SPD) agreed on prioritizing the reviewing and commemoration of the injustice of the socialist German Democratic Republic. In the coalition’s agreement, the commemoration of Nazi crimes does no longer play a special role. While the agreement holds nothing for the survivors of Nazi crimes of which many still have not been compensated, the rates for victims of GDR injustice will be increased. The author sees a political paradigm shift at work: Had the mixing of Nazi crimes and GDR injustice been previously avoided, the equation is just around the corner. Linguistically, the turn towards a totalitarian view of 20th century history is clearly noticeable. Terms like "Nazi reign of terror" and "Stalinism" or the formula of "two German dictatorships" seem more than semantic coincidences.
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